Martin Paz
Eben verschwand die Sonne hinter den schneeigen Gipfeln der Cordilleren, doch unter Perus schönem Himmel sättigte sich die Atmosphäre durch den leichten Schleier der Nacht mit einer lichtschimmernden Frische. Das war die Stunde, in der man nach europäischer Art und Weise leben und außerhalb der Verandas einen erquickenden Lufthauch aufsuchen konnte.
Während die ersten Sterne am Horizonte aufzogen, füllten sich die Straßen Limas mit einer Menge Spaziergänger an, welche in ihrem leichten Mantel dahin wandelnd von den unbedeutendsten Dingen plauderten. Auf der Plaza-Mayor, dem alten Forum der Stadt der Könige, ging es sehr lebhaft zu. Die Handwerker benutzten die Abendkühle, um von der Arbeit des Tages zu ruhen, oder eilten geschäftig durch die Menge, wobei sie schreiend die Vorzüge ihrer Waaren anpriesen. Die Frauen schwebten, sorgfältig verhüllt in den langen Schleiern, welche auch ihr Gesicht verdecken, mit eigenthümlicher Grazie durch die Gruppen rauchender Männer. Einige Señoras in Balltoilette und mit reichem Haarschmucke aus lebenden Blumen brüsteten sich hingegossen in den offenen Wagen. Indianer streiften vorüber, ohne ein Auge zu erheben, da sie wohl wußten, daß sie zu niedrig geachtet wurden, um bemerkt zu werden, verriethen weder durch eine Geste, noch durch ein Wort das dumpfe Verlangen, welches sie verzehrte, und contrastirten dadurch merklich mit den ebenso wie sie selbst mißachteten Mestizen, deren Protest gegen ihre sociale Stellung sich gern möglichst geräuschvoll Luft machte.[...]
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